Auswirkungen des neuen Pauschalreiserechts für private Gastgeber in Deutschland

Von einer Vortragsveranstaltung mit dem Fachanwalt für Reiserecht Rainer Noll habe ich für mich als Privater Gastgeber mitgenommen:

  • Für Buchungen ab 1.7.2018 gilt die EU-Richtlinie 2015/2302, umgesetzt im BGB §§ 651a bis y.
  • Betrifft Veranstalter und neuerdings auch Vermittler.
  • Das neue Pauschalreiserecht ist schwer zu verstehen, ziemlich komplex, und nicht einfach umzusetzen. Ggf. sich fachlich beraten lassen. [Auch die hier gemachten Angaben sind ausdrücklich keine Rechtsberatung und ohne jede Gewähr für deren sachliche Richtigkeit.]
  • Die (unbeantwortete) Frage für mich ist ja auch immer, wer bei Airbnb-Buchungen der Vertragspartner ist: Ist Airbnb nur der Vermittler und wir Gastgeber der Leistungserbringer? Spielt für das neue Recht aber eh keine Rolle, weil jetzt beide darunter fallen.
  • Eine Pauschalreise nach § 651a BGB entsteht dann, wenn mind. zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen für den Zweck der selben Reise gebucht werden:
    1. Beförderung von Personen
      Gästetransfers (z.B. Abholung vom Flughafen) sind keine Beförderung im Sinne dieser Vorschrift – gegenlautende Infos sind falsch.
    2. Beherbergung
      Als Gastgeber sind wir automatisch schon mit der Nr. 2 dabei.
    3. Vermietung von Kraftfahrzeugen und Krafträdern
    4. jede touristische Leistung, die nicht in 1. bis 3. ist.
      Hauseigene Leistungen (z.B. Frühstück) sind im Sinne dieser Vorschrift ok und fallen nicht unter Ziff. 4 (aber Achtung: fallen u.U. unter die Vorschriften zur Gewerblichkeit).
  • Ausnahme: Keine Pauschalreise, wenn 1 Reiseleistung nach Ziff. 1 bis 3 plus 1 oder mehrere Leistungen nach Ziff. 4 kombiniert werden, und wenn

a)      der Wert von 4. weniger als 25 % des Gesamtwerts ausmacht und nicht als wesentlicher Bestandteil beworben wird

b)      oder 4. erst nach Ankunft hinzu gebucht wird.
=> Kann eine interessante Strategie sein, Zusatzleistungen erst vor Ort buchen zu lassen.

[Ich hab’s nicht verstanden – aber das auf hohem Niveau.]

  • Problem Gästekarten:

a)      In manchen Gemeinden werden umlagefinanzierte Gästekarten ausgegeben. Finanziert durch Kurtaxe, Übernachtungssteuer etc. und ausgehändigt über den Gastgeber an den Gast. Sobald diese eine Beförderungsleistung beinhalten (z.B. vergünstigte oder freie Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln) stellt dies eine Leistung nach Ziff. 1 dar, ansonsten nach Ziff. 4. Dann heißt es für uns aufpassen!

b)      Hier kommt es auf die Formulierung im Inserat an: werblich abtrennen, nicht einschließen.
Beispiel: Nicht formulieren „im Übernachtungspreis inbegriffen ist eine Gästekarte mit Busticket / Eintritt“ sondern „Du bekommst zusätzlich zur Übernachtung eine Gästekarte der Gemeinde xy dazu. Diese umfasst auch ein Busticket / Eintritt.“
Generell den Begriff „Pauschale“ vermeiden.

c)      Die Thematik Gästekarten ist strittig. Erst künftige Rechtsprechungen werden da Klarheit schaffen. Es wird wohl auch manche Gemeinde selbst diese Karten einstellen müssen, wollen sie nicht Pauschalreisevermittler werden. Ich denke da z.B. an die StuttCard, welche freie Fahrt mit ÖPNV (Leistung nach Ziff. 1) mit freiem Eintritt in die Museen (Ziff. 4) kombiniert.

  • Wird man zum Vermittler oder Veranstalter einer Pauschalreise, muss man seine Hausaufgaben machen bezüglich

a)      Geschäftsbedingungen überarbeiten

b)      Buchungsformulare überarbeiten

c)      Zwingend auszuhändigende Infoblätter erstellen

d)      Versicherungen abschließen.

Dies bedingt in der Regel eine Beratung durch eine sachkundige Person.

  • Noch ein Stolperstein: Hat der Gast kein Widerrufsrecht, so muss er auch darauf vor Vertragsabschluss hingewiesen werden. Sonst bekommt er nämlich durch das Fehlen des Hinweises eines eingeräumt!
  • Kuriosum am Rande: Eingebrockt haben uns die neue EU-Richtlinie die Briten, die einen Spezialfall regeln wollten, der nur auf sie zutrifft. In diesem Aufwasch entstand diese umfassende  neue Vorschrift, die zwingend in nationales Recht umgesetzt werden musste – und jetzt sind die Verursacher bald gar kein EU-Mitglied mehr…
    Dafür sind Kaffeefahrten nach wie vor ausgenommen (Reisedauer weniger als 24 Stunden und Reisepreis bis 500 € – vgl. § 651b BGB).
  • Noch was: Falls jemand im Reisebüro eine Unterkunft bucht, und ihm fällt auf der Türschwelle beim Rausgehen ein, dass er doch noch einen Flug braucht, könnte ihm künftig folgendes passieren: Das findige Reisebüro sagt ihm, dass morgen günstigere Angebote reinkämen, man solle doch übermorgen nochmal kommen. Denn wenn mehr als 24 Stunden zwischen den einzelnen Bausteinen liegen, ist es auch keine Pauschalreise mehr.

© Till Zieger 2018

 

Nochmals: Alle in diesem Artikel dargestellten Informationen sind unverbindlich, ohne Gewähr für deren Richtigkeit, und stellen keine Rechtsberatung dar. Sachliche Ergänzungen und Verbesserungen sind willkommen.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Maria (Donnerstag, 03 Mai 2018 22:05)

    Ich sag's ja immer: Europa wird an der Bürokratie zugrunde gehen .... Wieviel Energie das von allen Seiten bindet, von denen, die sich das in bester Absicht ausdenken, jenen, die es irgendwie verstehen sollen und jenen, die es überprüfen und ggf ahnden sollen ;)
    Jedenfalls DANKE Till für Deine wie immer umfassenden Ausführungen, wenn es auch - tw - wie chinesisch klingt. Aber da kannst Du nichts dafür :) :)