7 Faktoren für Gutes Gastgeben

Gastgeber*innen wollen gute Gastgeber*innen sein; Gäste bevorzugen gute Gastgebende – aber was genau sollte „gutes“ Gastgeben auszeichnen?

 

Ich beschreibe #GutesGastgeben zunächst aus Sicht des Gastgeberalltags anhand von 7 Faktoren. Anschließend folgt eine kurze Zusammenfassung der „höheren“ Ziele des Vereins Gutes Gastgeben e.V. (i.G.).

 

Warum gerade sieben Faktoren? Es könnten genauso gut 50 sein. Aber 7 ist eine gute Zahl, um sich auf das Wesentliche zu beschränken.

7 Faktoren

Ich unterscheide zwischen weichen und harten Faktoren: Die harten sollten eigentlich unstrittig sein, denn sie sind durch Gesetze und Verordnungen vorgegeben. Eigentlich – denn immer noch besteht Aufklärungsbedarf. Und die weichen Faktoren sollten nicht nur ein nice-to-have für #GutesGastgeben, sondern eigentlich selbstverständlich sein – sind sie aber leider nicht.

 

Damit das Ganze nicht zu langweilig wird, betten wir das ein in unser Immo-Arbitrage Bullshit-Bingo – also zückt die Stifte. J

Immo-Arbitrage-Bullshit-Bingo

Immo-Arbitrage bezeichnet die neu aufkommende Unsitte, regulären Wohnraum anzumieten, diesen aber als Ferienunterkunft zweckzuentfremden und aus der Mietdifferenz – ein angeblich – passives Einkommen zu erzeugen. In diesem Zusammenhang tauchen ganz typischen Begriffe auf, die all das zusammenfassen, was gutes Gastgeben in Verruf bringt. Denn gerade diese Form des Gastgebens ist es, die den Ruf privater Gastgeber*innen und Homesharing-Plattformen empfindlich und nachhaltig schadet, da sie die von mir benannten Faktoren des Guten Gastgebens missachtet bzw. nicht beachten kann.

Kommen wir nun aber zum eigentlichen Inhalt:

1) Buchungskalender

Stornierungen

Hiermit ist das Pflegen des Buchungskalenders gemeint. Eigentlich eine spezielle Form der Kommunikation, teilen wir dem Gast doch mit, an welchen Tagen unsere Unterkunft verfügbar ist. Wie kommt es nun, dass (gem. einer Zahl aus 2014) Stornierungen 40 % der Supportfälle ausmachen und was hat das mit dem Buchungskalender zu tun?

 

Nun, Gäste machen Fehler (verwechseln das Datum) oder die Reisepläne ändern sich. In diesem Fall greifen die Stornierungsbedingungen der Unterkunft, und der Gast muss die entsprechende Stornierungsgebühr entrichten. Oder es treten besondere Umstände ein (z.B. Krankheit), wo dann eine Reiseversicherung greift.

 

Aber Gastgeber machen eben auch Fehler. Der häufigste: Doppelbuchungen. Dies geschieht, wenn man auf mehreren Buchungsplattformen unterwegs ist und die Kalender nicht synchronisiert. Oder der Channelmanager funktioniert nicht – was letztendlich aber auch die Verantwortung des Gastgebenden ist. Als Reisender werde ich leider viel zu oft mit Absagen trotz freien Kalenders konfrontiert, was insbesondere beim Einsatz eines Gutscheincodes ärgerlich ist.

 

Leider kann ich Reisenden deshalb nur empfehlen: Bevor ihr als Gast bucht, nehmt Kontakt mit dem/r Gastgeber*in auf, und wartet ggf. auf eine Vorabbestätigung.

 

Wichtig ist, den Unterschied zwischen einer Erkundigung (inquiry) und einer Buchungsanfrage (request) zu verstehen: Eine Erkundigung ist immer nur eine unverbindliche Anfrage, eine Kontaktaufnahme. Eine Buchungsanfrage hingegen ist verbindlich: bei Annahme entsteht eine Buchung. 

 

Wenn ich als Gastgeber einen Buchungsfehler zu verantworten habe, habe ich mit Sanktionen seitens Airbnb zu rechnen. Verständlich, denn für die Buchungsplattform ist eine Stornierung seitens der Unterkunft ein großer Imageverlust. Aus rein persönlicher Verantwortung ist es fair, dem Gast eine Ersatzunterkunft zu besorgen. Darüber hinaus gibt es seltene Besondere Umstände (z.B. Wasserrohrbruch), die ein Gastgeben unmöglich machen, bei denen dann aber spezielle Bedingungen greifen.

 

Glaubt ihr eigentlich, dass der Buchungsprozess vollautomatisiert ablaufen kann?

2) Kommunikation

Eigentlich könnte man Gutes Gastgeben auf drei Faktoren reduzieren, nämlich Kommunikation, Kommunikation und Kommunikation. Es ist wichtig, dass Gastgeber*innen sich auch als die Moderator*innen der Kommunikation zwischen ihnen und den Gästen fühlen – als Gastgeber bin ich dafür verantwortlich, dass ich alle wichtigen Informationen bereitstelle und auch alle wichtigen Informationen bekomme. Ich weiß, worauf es in meiner Unterkunft ankommt, und das muss ich dem Gast vermitteln.

 

Wie kann man mit Gästen nun am besten kommunizieren?

 

Am besten kommt bei unseren Gästen die Kommunikation über die Kreidetafel an. Also vor Ort, als ein lustiges Gimmick. Aber das ist natürlich ein sehr individueller Kanal. Welche Kanäle bieten sich allen Gastgeber*innen? Die Buchungsplattform selbst: Der Vorteil der Kommunikation über die jeweilige Buchungsplattform ist der, dass der gesamte Austausch dokumentiert und ggf. für den Support nachvollziehbar ist. Deshalb ist es wichtig, dass ihr über die Plattform kommuniziert – wählt andere Kanäle nur in Ausnahmefällen und kopiert auch diese Inhalte in den Nachrichtenaustausch mit dem Hinweis „Das habe ich Dir dann und dann über WhatsApp/SMS/per E-Mail etc. geschickt“. So ist es dann auch dokumentiert.

Kommunikation

Aber welche wichtigen Informationen sollte ich dem Gast immer kommunizieren? Vier spezielle Aspekte seien heraus gegriffen:

  • Hausregeln: Wie geht ihr mit Besuchern um? Sind Partys erlaubt? Legt es vorher fest!
  • Check-in Zeitfenster: Da kann es sinnvoll sein, direkt z.B. per WhatsApp zu kommunizieren, z.B. wenn der Gast während der Anreise seinen Live-Standort teilt. Klärt auf alle Fälle einige Tage im Voraus, wie der Check-in erfolgen soll, damit ihr vorbereitet seid.
  • Letzte Meter: Das Navi führt normalerweise bis zur Hausnummer. Aber unterschätzt die Situation nicht, wenn dann der Gast spätabends den Parkplatz suchen muss und den Weg zum Haus und die richtige Klingel. Denn wir sind kein Hotel mit großem Leuchtschild und Rezeption. Erklärt also den Weg genau. Schickt evtl. Fotos von der Situation vor Ort.
  • Schlüsselbox: Diese sollte unvorhergesehenen Situationen vorbehalten sein, denn der persönliche Empfang ist durch nichts zu ersetzen; und auch die Vorschriften des Meldegesetzes sehen eine Ausweiskontrolle vor.

Und damit sich andere Bewohner*innen eures Zuhauses nicht wundern, sprecht mit der:

3) Nachbarschaft

Stellt euch mit den Nachbarn gut, und informiert sie proaktiv über euer Gastgeben. Wenn erst mal eine Beschwerde gemeldet wird oder euch ein „Liebesbrief“ und Haus flattert, ist das Kind meist schon in den Brunnen gefallen:

Nachbarschaft

Habt ihr hingegen eine funktionierende Hausgemeinschaft (auch hierzu trägt gute Kommunikation bei), dann kommt es durchaus vor, dass die Nachbarn auch mal ihre Besuche und Familienmitglieder bei euch unterbringen. Oder sich selbst, wenn ihre Wohnung renoviert wird. Eine gut informierte Nachbarschaft lässt das Vertrauen in privates Gastgeben stetig wachsen.

Dazu trägt auch bei, wenn ihr dem folgenden Punkt genügend Aufmerksamkeit schenkt:

4) Sicherheit

Hier kommen wir so langsam zu den harten Faktoren, denn Rauchwarnmelder sind mittlerweile fast überall vorgeschrieben. Und das ist auch gut so: Nach dem Auslösen verbleiben gerade mal 120 Sekunden, um sein Leben zu retten. Und was in dieser Zeit getan werden muss, überlegt man sich am besten schon vorher. Und denkt euch in euren Gast hinein: Er befindet sich in einer für ihn fremden Wohnung, wo man in der Panik leicht die Orientierung verliert. Sorgt für permanentes Orientierungslicht für den Fluchtweg. Und verhindert, dass die Haustür durch wohlmeinende Gäste abgeschlossen ist (Knaufschloss, oder zur Not mit Klebestreifen das Schloss innen abdecken).

 

 

Wie relevant diese Sicherheitsmaßnahmen sind, musste ich auf einer meiner letzten Reisen selbst sehen: Das Haus im Nachbarblock brannte plötzlich lichterloh.

Sicherheit

Kommen wir aber nun endgültig zu den „harten“ Faktoren – für diese braucht man sich nicht zu entscheiden, sie sind unbedingt einzuhalten:

5) Recht

Hier nur die wichtigsten Punkte:

  • Wohnraum-Zweckentfremdung: Haltet euch an die lokalen Bestimmungen, und versucht nicht, „unter dem Radar zu segeln“. Dies schadet dem Ansehen aller Gastgeber.
  • Bauordnung: Erkundigt euch bei der Gemeinde über die Vorschrift zur Umwidmung der Unterkunft in eine Ferienwohnung. Dauerwohnen (langzeitig) und Ferienwohnen (kurzzeitig) sind unterschiedliche Nutzungsarten!
  • Gewerbe: Ein großes Homesharing-Portal übersetzt sich auf Deutsch zwar in „Luftmatratze & Frühstück“: Lasst Letzteres aber bitte bleiben, denn dies rückt eure Tätigkeit eindeutig in den gewerblichen Bereich und bleibt den Profis vorbehalten, auch wegen den Hygienevorschriften. Arbeitet lieber mit lokalen Cafés und Gasthäusern zusammen.
  • Untervermietung: Wenn ihr zur Miete wohnt seid, braucht ihr ohne Wenn und Aber eine Erlaubnis zur wechselnden Untervermietung an Touristen. Ein Student, der seine Bude während eines Auslandssemesters untervermietet, braucht dafür die Zustimmung des Eigentümers. Ein Pärchen, das sein Gästezimmer über eine Plattform anbietet, braucht dafür die Zustimmung der Eigentümer. Besonders kritisch wird es bei der eingangs erwähnten Arbitrage-Unsitte, ganze Wohnungen an einem entfernten Ort anzumieten und diese als Ferienwohnung weiterzuvermieten. Diese werden somit dem regulären Mietmarkt entzogen, und in den seltensten Fällen erlauben das die Eigentümer (weshalb dann wiederum zweifelhafte Kurse zum Vermieter überzeugen angeboten werden). Der Homesharing Club Baden-Württemberg und der Homesharing Club München und Oberbayern binden deshalb das Recht auf Kurzzeitvermietung an den Ort des eigenen Wohnsitzes: Denn man hat nur einen einzigen Hauptwohnsitz.
Recht

Habt ihr diese Aspekte in trockenen Tüchern und erzielt letztendlich Einkünfte, müsst ihr euch um den nächsten Faktor kümmern:

6) Steuern

In der Regel werden die Einkünfte privater Vermietung in der Anlage V der Einkommensteuererklärung angegeben. Eine automatische Steuerabfuhr durch die Buchungsplattform erfolgt in DACH nicht (andere Regelung z.B. in Italien).

 

Umsätze aus der Kurzzeitvermietung sind zudem umsatzsteuerpflichtig, sofern man nicht von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch macht (Grenze ab 2020: 22.000 € Umsatz).

 

In vielen Städten wird mittlerweile eine lokale Abgabe fällig (City Tax, Kulturförderabgabe, Bettensteuer…). In einigen Städten wird diese von Airbnb eingezogen.

 

Sammelt sämtliche Belege für eure Ausgaben und Einnahmen hinsichtlich eures Gastgebens, damit ihr schnell eine Gewinn- und Verlustrechnung erstellen könnt.

 

Macht euch schlau, und nutzt auch die Gelegenheit lokaler Workshops der Homesharing Clubs.

Steuern

Und apropos Belege:

7) Meldepflicht

Als Reisender erstaunt es mich immer wieder, dass ich in Deutschland eigentlich nie einen Meldeschein ausfüllen muss. Im Ausland hingegen selbstverständlich. Dabei birgt es eigentlich nur Vorteile: Im Konfliktfall rücken die Buchungsplattformen die Daten der Gäste aus Datenschutzgründen nämlich nicht raus.

 

Nicht zuletzt auch deshalb geht eine Remote-Kurzzeitvermietung auf Dauer selten gut.

Meldepflicht

Übrigens: Bingo!

Wir haben drei Begriffe gefunden:

  • Vollautomatisiert: Ist das möglich? Buchungsprozess und Kommunikation erfordern immer individuelles Eingreifen.
  • Vermieter überzeugen: erspart euch überteuertes Online-Coaching.
  • Remote: Die Meldescheine sind mit ein Grund, warum sich der Check-in nicht ohne Anwesenheit vor Ort bewerkstelligen lässt.

 

Das Arbitrage-Business-Modell ist nicht nachhaltig, veranlasst im Gegenteil die Entscheidungsträger, die letzten Möglichkeiten privaten Gastgebens totzuregulieren.


Dieser Beitrag ist angelehnt an den Vortrag durch Till Zieger anlässlich der Gastgebertage DACH in Berlin am 25.1.2020. Der Referent ist seit 2010 Gastgeber mit einem Privatzimmer in Stuttgart, verreist sehr gerne, und engagiert sich in der Community-Arbeit seit 2011, u.a. mit der Organisation lokaler Treffen, der Moderation von entsprechenden Facebook-Gruppen und im Homesharing Club Baden-Württemberg. Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied von Gutes Gastgeben e.V. (i.G.), dessen Vereinsziele anschließend durch den Vorstandsvorsitzenden Sebastian Olényi vorgestellt wurden:

Gutes Gastgeben e.V.
  • Aufbau eines Netzwerkes innerhalb der Gastgeber
  • Öffentlichkeitsarbeit mit Politik und Medien
  • Unabhängigkeit gegenüber den Vermittlungsplattformen
  • Lernen und Austausch, in sozialen Medien sowie bei Treffen und Workshops
  • Mitgliedervorteile, z.B. Services und zugeschnittene Gastgeberversicherung
  • Förderung von wertebasiertem, nachhaltigen Gastgeben unter fairen Bedingungen

© Copyright 2020 Till Zieger [Lektorat Resa]

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Kommentare: 1
  • #1

    David Michael Dölle (Dienstag, 11 Februar 2020 00:44)

    Daumen hoch für die Infos